Mondflucht

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
14.09.2010

von Hanno Jentzsch

Mondflucht streift den absurden Humor

Fidena: Trio spielt einfühlsam und musikaliasch

Der Mond diente der Menschheit über Jahrtausende als Inspiration, als fernes, rätselhaftes Ziel, und nun das: Jedes Jahr entfernt sich der Trabant ein paar Zentimeter von der Erde. Er flieht. "Mondflucht" heißt das Stück, das das Berliner Theatertrio schindelkilliusdutschke im Rahmen der Fidena im Prinz-Regent-Theater präsentierte. Einfühlsam, informativ und musikalisch beleuchtete das Trio das verschrobene Verhältnis zwischen Mensch und Mond in einer geschickt inszenierten szenischen Collage.

"Mondflucht" lebt von der schlichten Eleganz, mit der Volker Schindel, Rainer Killius und Tobias Dutschke mit einfachsten Mitteln ihr musikalisches Talent und die Textfragmente in Szene setzen. Sonderapplaus gibt es, als Volker Schindel zu Klavierbegleitung eine blaue Luftmatratze zum Tanzen bringt - weil die schmale Gratwanderung zwischen Ironie und rührender, unbeholfener Anmut hervorragend gelingt. Beinahe nebenbei rezitiert das Trio Galileos Theorien, bringt an anderer Stelle seinen kirchlich erzwungenen Widerruf ins Spiel und illustriert so geschickt den dramatischen Konflikt zwischen Wissen und Glauben. Neil Armstrongs erste Schritte auf dem Mond werden von der Schumann-Vertonung des Eichendorff-Gedichts "Mondnacht" begleitet. Schindel als Armstrong trägt in dieser Szene besagte Luftmatratze auf dem Kopf. Auch hier ist es vor allem der Spagat zwischen absurdem Humor und der einfühlsamen musikalischen Darbietung, der die Szene ausmacht.

Der Höhepunkt der "Mondflucht" steht allerdings am Ende: Die drei Darsteller singen "Der Mond ist aufgegangen" über Beethovens "Mondscheinsonate". Die Verbindung des Volksliedes mit dem Klavierstück gelingt hervorragend. Die harmonische Raffinesse, mit der das Trio die Stücke kombiniert, ist gesangstechnisch atemberaubend, das Ergebnis ist gleichzeitig verstörend und bezaubernd. Viel Applaus!"